In Konfliktsituationen zeigt sich, wie gut ein Mensch mit „Unterschiedlichkeit“ umgehen kann. Spätestens dann werden die Softskills gefordert, weil es sehr häufig um persönliche Bedürfnisse und Zwischenmenschliches geht und nicht um Sachthemen. So wichtig die Kenntnis der beiden Kommunikationsebenen Sachebene und Emotionsebene auch ist: eine angemessene Reaktion wird erst möglich, wenn auch die unterschiedlichen Persönlichkeiten berücksichtigt werden.

Die Persönlichkeit eines Menschen zu bestimmen ist eine aufwendige Sache, weil Persönlichkeit sehr komplex ist. In der täglichen Projektarbeit hilft uns aber schon die Kenntnis über unterschiedliche Verhaltensstile sehr weiter. Dazu haben wir bereits das DISC®-Modell in einem anderen Artikel vorgestellt. Für einen besseren Umgang miteinander reicht dieses Modell völlig aus. Und wir bleiben bei dem Warnhinweis, dass ein solches Modell nur ein Werkzeug ist und niemals die Person selbst beschreibt!

DISC Verhaltensstile

DISC Verhaltensstile

Abbildung 1© E.G. Sebastian

Wenn man annimmt, dass die beiden Grundorientierungen „Schnell vs. Genau“ und „Aufgabe vs. Mensch“ tatsächlich ein Grundgerüst für bestimmte Verhaltensmuster darstellen, dann kann man daraus sehr einfach ein paar „Grundbedürfnisse“ ableiten.

Bsp:
Ein Mensch mit hoher Ausprägung von Menschenorientierung (people oriented) und gleichzeitig hoher Ausprägung von Genauigkeit (moderate paced) wird sehr viel Wert darauf legen, dass Entscheidungen in einem Projekt möglichst detailliert begründet werden und auf jeden Fall die Interessen aller beteiligten Personen berücksichtig werden. Das kann zu hohen Konsens-Entscheidungen führen, die von allen getragen werden (sog. buy in). Es führt auf jeden Fall zu längeren Abstimmprozessen.

Für Menschen mit hoher Ausprägung von Schnelligkeit und gleichzeitiger Aufgabenorientierung ist eine solche Entscheidungsfindung völlig indiskutabel. Dauert viel zu lange und ist auch gar nicht effizient, weil zu viele Meinungen gefragt werden. Zeit ist Geld und Erfolg braucht Effizienz!

Welche Vorgehensweise ist nun richtig? BEIDE – je nach Situation und beteiligten Personen hat jede Handlungsweise ihre Berechtigung und führt zum Ziel. Aber: man sollte wissen, welche (Verhaltens-)Typen beteiligt sind und wie ich demzufolge handeln muss.

Die oben angesprochenen Grundbedürfnisse leiten sich aus der Orientierung ab.

  • Wer Menschenorientiert ist, für den sind Werte wie Achtsamkeit, Gemeinschaft, Team, Beziehung, gutes Klima, Emotionen usw. sehr wichtig.
  • Der Gegenpol ist die Aufgabenorientierung. Für solche Menschen zählt der Verstand, Ratio, Zahlen, Daten, Fakten, Effizienz, Logik.
  • Für die Ausprägung „Schnell“ ist der Name Programm: Gut ist, was schnell ist. Längere Entscheidungsprozesse werden als schlecht eingestuft – schnell kommt Langeweile auf. Eher „trial and error“ als umständliche Planung. 80% ist auch genug … das sind die Bedürfnisse von „Schnellen“.
  • Die andere Seite der Ausprägung heißt „Qualität vor Quantität“, „erst denken, dann handeln“, „akribische Planung vor kostspieligen Experimenten“, „sind alle Regeln beachtet?“, „haben wir die Sicherheit gewährleistet?“,“ haben wir alles beachtet?“ … viele Fragen, die sich die Genauen (moderate paced) stellen.

Bei dieser Aufzählung geht es nicht darum, welche Werte „besser“ oder „richtig“ sind. Vielmehr stellen diese Werte für jede Person ihre individuelle Be-Wertungsskala dar. Es ist also fundamental wichtig, sich mit diesen Grundbedürfnissen zu beschäftigen, sie zu erfahren und zu berücksichtigen, wenn ich andere wirklich erreichen will.

Eine angemessene Umgangsstrategie mit anderen Menschen beginnt also damit, meinen eigenen Verhaltensstil zu kennen und meine Bewertungsskala zu erfahren. Im zweiten Schritt kann ich versuchen, die Verhaltensstile der anderen zu erkennen und damit wesentliche Erfolgsfaktoren für gelingende Kommunikation zu bekommen! Denn wenn ich weiß, wie jemand „tickt“, kann ich viel besser auf seine Bedürfnisse eingehen und damit meine Botschaften „kompatibel“ für ihn machen.

Hier ein paar Tipps, für den Umgang mit verschiedenen DISC® Typen.

Wie Sie am besten mit den verschiedenen Typen kommunizieren:

Communicate with DISC

Abbildung 2© E.G. Sebastian

 

Wie Sie die unterschiedlichen Typen motivieren.

Motivate DISC

Abbildung 3© E.G. Sebastian

 

 

Wie Sie sich am besten bei den unterschiedlichen Typen verhalten, wenn Sie etwas erreichen wollen:

Influence DISC

Abbildung 4© E.G. Sebastian

Dies ist nur ein kleiner Auszug aus den Möglichkeiten, wie die Anwendung von DISC den Umgang mit Unterschiedlichkeit entscheidend verbessert. Es gibt auch andere Modelle, mit denen man einen individuellen Umgang mit Menschen beschreiben kann. Das Modell ist nicht wichtig, sondern die Erkenntnis, dass man in ChangeProzessen die Bedürfnisse von Menschen besser berücksichtigen sollte, um gute Wirksamkeit zu erzielen.

Veränderung an sich ist für viele Menschen schwierig, weil es unser Grundbedürfnis nach „Sicherheit“ bedroht. Ob man dies unlogisch findet oder kontraproduktiv spielt dabei keine Rolle – es ist nun mal dieser Sand im Getriebe. Achten sie auf den passenden Umgang.

 

Was also tun im Arbeitsalltag?

Mal angenommen, ein neuer Geschäftsführer Vertrieb kommt in die Firma, der sehr begeistert ist von den Produkten und überall Chancen sieht. Dort trifft er auf den Controller, der bei jeder Aktion sofort eine Risikobewertung vornimmt. Wie wird die Geschichte wohl weiter gehen?

Sie könnten sich fragen, welche Typen das wohl sind und einmal nachschauen in obigen Grafiken, wie wohl am besten miteinander umzugehen ist. Das kann helfen, aufeinander zu zu gehen. Durch besseres gegenseitiges Verstehen UND einer angepassten typbezogenen Umgangsstrategie.

Vorsicht ist allemal geboten vor Schubladisierung und Vorurteilen! Trotzdem lohnt es sich in der Praxis sehr, den Blick auf den Menschen hinter dem Projekt zu werfen. Denn dort liegt der Schlüssel für Projekterfolge …

 

 

© by Detlef Gumze