Lean-Management eine Frage der Perspektive – Das „Verbesserungs-Management-System“

Das Aufzeigen und Erkennen von Problemen ist die eine Seite. Wenn das Problem nicht umgehend gelöst wird, werden dessen Auswirkungen immer größer bzw. treten Kollateralschäden auf. Aus diesem Grund liegt ein wesentliches Element des Verbesserungs-Management-Systems darin, dass schnell auf Probleme reagiert werden kann. Dies wird in der Praxis durch qualifizierte „Betreuungskapazität“ gelöst, die darauf ausgerichtet ist, dass die auftretenden Probleme schnellstmöglich gelöst werden. Diese Instanzen sind Bestandteile eines Eskalationsprozesses, der darauf abzielt, die Probleme unmittelbar innerhalb definierter Eingriffsgrenzen abzustellen. Dies ist jedoch für Außenstehende nur begrenzt sichtbar, also quasi schon unterhalb der Wasseroberfläche:

Teilweise sichtbar ist die Arbeit mit dem Verbesserungs-Management-System:

  • Taktweises Arbeiten im Prozess (alle Beteiligten beginnen den Zyklus gleichzeitig).
  • Schnelles Reagieren auf Abweichungen und Umgang mit Problemen.
  • Instanzen/Organisationseinheiten, die die Probleme schnell lösen.
  • Verhalten der Führungskräfte (Art der Betreuung und regelmäßige Anwesenheit).

In einem derartigen Management-System werden kurzfristige Produktivitätsverluste bewusst in Kauf genommen und Prioritäten komplett auf das Lösen des Problems bzw. das Verbessern des Prozesses ausgerichtet. Es steckt also viel unter dem bekannten Eisberg. Einen solchen Umgang mit Problemen sind die Führungskräfte in der Regel nicht gewohnt. Im Gegenteil: Sie werden oft sogar dafür vom Chef belohnt, wenn sie Firefighting betreiben. Dies zeigt, dass in der Praxis häufig die notwendigen Fähigkeiten zur erfolgreichen und nachhaltigen Verbesserung eines Prozesses fehlen, ebenso die dafür notwendige innere Einstellung, bei den Mitarbeitern und Führungskräften. Dies ist meist mit dem Problem gepaart, dass den Führungskräften die notwendige Zeit zum Verbessern fehlt. Auch hier gilt wieder: Ein Prozess kann nur so „gut“ sein, wie dessen Mitarbeiter bzw. die verantwortliche Führungskraft.

 

Der Teil des Eisbergs, der nicht sichtbar ist

Auf den ersten Blick erkennt der ungeübte Betrachter, dass Mitarbeiter für wenige Sekunden aufeinander warten und die Potenziale scheinbar „auf der Straße liegen“. Das Betreiben eines oben genannten Verbesserungs-Management-Systems scheint absurd zu sein. Warum sollte man die Mitarbeiter warten lassen? Die Antwort ist: Es liegt in der Art und Weise der Führung und dem Umgang mit Problemen. Wenn Prozesse aufgrund der Standardisierung beherrscht werden und die Organisation nicht von ihnen „fremdgesteuert“ wird und in der Lage ist, Probleme schnell zu lösen, steht dies in einem anderen Kontext. Probleme werden als „Schatz“ betrachtet und dazu genutzt, Prozesse aktiv in Richtung der übergeordneten Ziele zu verbessern. Dies funktioniert natürlich nur dann, wenn Mitarbeiter und Führungskräfte in der Lage sind, Probleme schnell zu erkennen und strukturiert zu lösen. Natürlich ist dies eine Frage der Betrachtung und insbesondere am Anfang des Lean-Weges schwer nachvollziehbar. Je länger man sich jedoch damit beschäftigt, desto mehr stellt man fest, dass dies ein aktiver Bestandteil des Management-Systems ist und dazu dient, das Führungsverhalten im gesamten Unternehmen zu darauf auszurichten, angepasst mit Problemen umzugehen – es ist sozusagen Bestandteil der Kulturveränderung. Denn: Das Führungsverhalten ist der Dreh- und Angelpunkt adaptiver und wettbewerbsfähiger Organisationen. Demnach dienen Probleme dazu, die Problemlösungsfähigkeit der Mitarbeiter zu entwickeln. Der Umgang mit Problemen, die Art und Weise diese zu betrachten (Schatz vs. Feind) sind im Rahmen von Benchmark-Besuchen nicht zu sehen, weil sie unterhalb der Wasseroberfläche liegen.

 

Unterhalb der Wasseroberfläche: Das Führungsverhalten

Selbst die beste Führungskraft kann in einem System, in dem Verbesserung ein Ballast ist und die geeigneten Rahmenbedingungen fehlen, nur begrenzte Wirkung erzielen. Der Erfolg einer Führungskraft ist, wie oben bereits beschrieben, von den angrenzenden Prozessen und Personen abhängig. Sich hier zu behaupten ist extrem anstrengend, so dass diese Führungskräfte oft aufgeben und sich eine Herausforderung in einem anderen Unternehmen suchen. Dann sind die erzielten Erfolge bereits nach kurzer Zeit verloren. Aus diesem Grund muss rund um das gewünschte Führungsverhalten ein Management-System entwickelt werden, welches das Führungsverhalten stützt und die bereichsübergreifende Ausrichtung am Gesamtwertstrom unterstützt.

Da sich der überwiegende Teil einer lernenden Organisation unterhalb des Eisbergs abspielt, kann ein solches System – und damit auch die Lean-Tools – mit herkömmlichem Führungsverhalten nur mit begrenzter Wirkung betrieben werden.

Sobald keine Probleme mehr auftreten, sollten Sie gezielt kurzfristig den „Wasserstand“ absenken, damit Sie erkennen wo das nächste Problem auftritt. Wenn die Ursache des Problems beseitigt wurde, kann der Wasserstand dauerhaft abgesenkt werden. Dies geschieht z.B. durch Reduzierung der Taktzeit, Reduzierung der Anzahl umlaufender Kanban oder die Anpassung des Logistik-Zyklus. Aus dieser Sicht betrachtet ist klar, dass synchronisierte Prozesse, die auf tägliche Verbesserung und das Lösen von Problemen angewiesen sind, nicht ohne die Anpassung des Management-Verhaltens erfolgreich betrieben werden können.

Probleme mit Puffern überdecken

Fokus der Lean Aktivitäten

Verbesserung in Form von Workshops

Durch Anwendung der Lean-Tools wurden sehr gute Ergebnisse erzielt. Der Fokus der Aktivitäten lag jedoch ausschließlich darauf, den Prozess so zu verbessern, dass das erforderliche Ergebnis erzielt wurde. Insbesondere in einem System, das auf Hochleistung ausgelegt ist und in dem potenziell hochfrequent (zum Teil jede Minute) Probleme auftreten, müssen die Führungskräfte kontinuierlich verbessern. Das Ergebnis kann nur für eine kurze Zeit aufrecht erhalten werden, bevor es wieder auf ein ähnliches Niveau wie im Ausgangszustand einbricht. Wenn die Mitarbeiter und Führungskräfte das neue System jedoch nicht mittragen und selbst leben, fällt auch der beste Prozess nach einer gewissen Zeit wieder in sich zusammen. Die Fähigkeiten, das Verhalten und die Einstellung der Führungskräfte wurden jedoch bislang entweder nur als „Nebenkriegsschauplatz“ betrachtet oder durch wenig hilfreiche Maßnahmen unterstützt.

Fokus der Lean Aktivitäten

Prozessverbesserung durch Kata

Veränderungsprozesse im Unternehmen werden in der Regel von „Technikern“ verantwortet und geleitet. Deshalb stehen meist auch die technischen Aspekte, das Erzielen „guter Ergebnisse“ und die Verbesserung der Prozesse im Vordergrund. Die oben beschriebenen „weichen“ nicht sichtbaren Elemente werden meist nicht betrachtet, da sie scheinbar keine direkten Auswirkungen auf Produktivität, Durchlaufzeit oder Qualität haben und somit keine Einsparungen mit sich bringen. Betrachtet man Verbesserung jedoch aus der Sicht der Systemik und Organisationsentwicklung, ist dies nur ein Teil des Erfolgs. Neben dem Verhalten und den Fähigkeiten der Führungskraft rücken somit auch die „weichen“ Elemente der Organisationsentwicklung in den Vordergrund. Wenn ein Unternehmen „Lean “ leben will, muss es das Verhalten der Führungskräfte darauf ausrichten, Prozesse kontinuierlich zu verbessern. Hierfür ist die Kata eine logische Ergänzung zur Verbesserung der Prozesse, aufbauend auf den Lean-Tools. Exakt hier beginnt die Arbeit mit der Kata. Das Verständnis und die Fähigkeiten der gesamten Führungskaskade (vom Teamleiter bis zum Geschäftsführer) werden im Kontext kontinuierlicher Verbesserung zielgerichtet entwickelt.